Was ist Kinderyoga? Fünf Fakten
Als Ende der Achtziger Jahre die Berliner Grundschul-Lehrerin Petra Proßowsky und der Heidelberger Sozialpädagoge Thomas Bannenberg etwa zeitgleich damit begannen, mit Kindern Yoga zu praktizieren, mussten sie sich wie Exoten vorgekommen sein. Damals war Kinderyoga so gut wie nicht verbreitet – und den emsigen Publikationen dieser beiden Pioniere ist es nicht zuletzt zu verdanken, dass heute Yoga mit Kindern sehr populär ist.
Beide, Thomas und Petra, haben seit ihren Anfängen eigene Institute aufgebaut und unzählige von Kinderyogalehrer*innen ausgebildet. Auch meine Kinderyogalehrerausbildung mit über 200 Stunden habe ich an Thomas Bannenbergs Kinderyoga Akademie abgeschlossen. Er ist nicht nur mein Mentor, sondern mittlerweile auch ein lieber Freund und wir arbeiten gemeinsam bei unserem „Baby“, PLUS.Kinderyoga.de.
Hier kommen fünf Fakten, die Kinderyoga etwas genauer erklären.
Fakt 1 zu Kinderyoga: Tierische Basics
Egal, ob im Kindergarten oder im Schulalter – Yoga mit Kindern vermittelt immer tierische Übungen. Typische Yoga-Haltungen, die auch im Erwachsenen-Yoga vorkommen, sind zum Beispiel Hund, Katze oder Kobra. Dabei wird der kindliche Körper gedehnt und gestreckt und erfährt so eine Stärkung der Muskeln und Knochen.
Die unterschiedlichen Tier-Haltungen bieten mit ihren Rückbeugen und Vorbeugen, mit ersten kleinen Umkehrhaltungen wie dem Hund eine gute Alternative zur oftmals starren Körperhaltung im Alltag. Kinder sitzen viel, ob vor dem Computer, Fernseher oder in der Schule. Hier können Yogahaltungen dafür sorgen, spielerisch die kindliche Motorik zu schulen.
Kinesiologische Übungen (zur Verknüpfung von rechter und linker Körperseite), aber auch Balancehaltungen wie der „Baum“ dienen zur Steigerung der kindlichen Aufmerksamkeit und Konzentration. Das wichtigste ist aber, dass sich Kinder beim Kinderyoga spielerisch in Hund, Katze oder Kobra „verwandeln“. Und dieses Spielen stellt einen wichtigen Aspekt in der Entwicklung des Kindes dar. Und wer möchte nicht gern mal ein bunter Schmetterling sein?
Fakt 2 zu Kinderyoga: Mehr als nur Bewegung
Auch wenn Kinderyoga neben Kinderturnen heute oftmals in Freizeiteinrichtungen angeboten wird: Kinderyoga ist natürlich mehr als nur reine Bewegung.
Die Altersgruppen im Kinderyoga lassen sich im Wesentlichen in 3-5 Jahre (Kindergarten), 6-8 Jahre (Schule), 9-11 Jahre (ältere Schulkinder / Vorpubertät) und ab 12 Jahren (Teens) einteilen. Je nach Altersgruppe werden in einer Kinderyogastunde altersgerechte Übungen in Achtsamkeit und Meditation angeleitet. Kinder lernen, ihre Bedürfnisse zu spüren und auch zu artikulieren.
Dieser Aspekt des Kinderyoga fördert die Selbstfürsorge und die Selbstwirksamkeit. Im Sinne der Yogaphilosophie werden in einer Kinderyogastunde auch Regeln für ein achtsames Miteinander sowie erste Meditations– und Atemübungen vermittelt.
Alle mit dem Ziel des Yoga: Die Gedanken des Geistes zur Ruhe kommen zu lassen – und wenn es nur für einen kurzen Wimpernschlag ist. Übung macht den Meister!
Fakt 3 zu Kinderyoga: Die Kinder sind ein wichtiger Part
Anders als beim Erwachsenenyoga, bei dem die Teilnehmer*innen kein aktiver Teil der Yogastunde sind, geht es im Kinderyoga natürlich turbulenter zu. Und das ist ausdrücklich erwünscht.
>>> Kinderyoga gehört den Kindern – mein Gastartikel für die Yogaworld
Denn Kinder sind nun einmal wild und mitteilsam und sollen sich mit einbringen. Eine Kinderyogastunde, in der alle Kinder engelsgleich und in Stille im Schneidersitz meditieren und am Ende entspannt für den restlichen Tag sind, zeichnet ein unrealistisches Bild vom Kinderyoga.
Die Kinder dürfen sich mit ihren Ideen einbringen und werden direktes Feedback geben. Sie fordern Spiele genauso ein wie Massagen und möchten „gesehen“ werden, wenn sie reglos für eine kleine Sekunde in der Haltung „Baum“ verweilen. Sie dürfen die Musik mit auswählen und freuen sich aber auch, wenn du ihren Musikgeschmack triffst.
>> Kennst du schon die Kinderyoga Playlist, die ich fürs Yoga Journal kuratieren durfte?
Mehr tolle Übungen und Anregungen zur Einbindung von Kindern findest du in meinem Buch „Ich zähle jetzt bis Ommm“.
Fakt 4 zu Kinderyoga: Kinderyoga ist kreativ
Aus der aktiven Teilnahme der Kinder am Yoga ergibt es sich, dass auch die Inhalte der Stunde kreativ ausgelegt werden dürfen.
Die klassische Reihenfolge einer Yogastunde für Erwachsene, beginnend mit einer Meditation, Yogahaltungen und abschließender Entspannung, kann zwar beibehalten werden. Doch die Vermittlung ist spielerisch und daher liegt der Fokus auf der kreativen Entfaltung.
Konkret heißt das: Es können auch Yogahaltungen erfunden werden und Rahmengeschichten, die als verbindendes Element der Haltungen funktionieren wie etwa „Piraten“ oder „Im Dschungel“, frei mitgestaltet werden. Es darf getanzt oder auch mal gebastelt werden – je nach Lehrer*in.
Kreativer Kinderyoga heißt, den Kindern einen Freiraum abseits von Lernen und Müssen zu geben, in dem sie sich entfalten und erleben dürfen, ganz ohne Leistungsdruck und Dogma.
In meinem Video-Kurs „Weniger ist mehr – kreative Kinderyogastunden wie nie zuvor“ zeige ich vielfältige Ideen, wie die Vorbereitungszeit für Stunden verkürzt und die Zeit mit den Kindern kreativer gestaltet werden kann.
Fakt 5 zu Kinderyoga: Es braucht qualitativ gut ausgebildete Kinderyogalehrer*innen
Mittlerweile gibt es viele Kinderyogalehrer. Das ist sehr erfreulich, denn so sehen wir, dass sich Kinderyoga in der Gesellschaft immer weiter durchsetzt und es vielen Kindern möglich ist, Achtsamkeit und Selbstfürsorge zu erlernen. Gerade deshalb – und auch aus den Punkten 3 und 4 – ist es wichtig, qualitativ hochwertige Standards hinsichtlich der Ausbildung von Kinderyogalehrer*innen anzulegen – denn wir vertrauen ihnen unsere Kinder an.
Die Qualität der Ausbildungen ist jedoch sehr unterschiedlich. Denn: Der Begriff „Kinderyogalehrer*in“ ist nicht geschützt. Manchmal werden die Ausbildungs-Zertifikate schon nach nur einem Ausbildungs-Wochenende oder gar nach dem Anschauen von On-Demand-Video-Kursen vergeben. Oft auch, ohne vorher eine Prüfung / Aufgabe / Lehrprobe absolviert zu haben.
Ich bin großer Fan von Online-Weiterbildungen und habe auch einige selbst konzipiert (welche, erfährst du hier), aber: Eine Basis-Kinderyogalehrer-Ausbildung sollte immer in Präsenz stattfinden. Nur so kannst du die Inhalte vollumfänglich – und auch im Austausch mit der Gruppe – erlernen und erfahren.
Die eigene Praxis einer Kinderyogalehrer*in ist es aber, die den Ausschlag gibt. Denn Kinderyoga in der Theorie ist etwas anderes als das, was einen vor Ort im Kindergarten oder in der Schulklasse erwartet. In einer qualitativ hochwertigen Ausbildung wird die Yoga-Philosophie ebenso vermittelt wie eine pädagogische Haltung. Es werden die Stadien der kindlichen Entwicklung angeschaut, ebenso wie Didaktik.
Und: Die eigene Persönlichkeit der Lehrkraft darf sich mitentwickeln. Im besten Fall ist der / die Ausbildungsleiter*in erfahren und etabliert, hat ein eigenes Konzept vorzuweisen und vielleicht auch schon zum Thema veröffentlicht.
Wenn du also auf der Suche nach einer Kinderyogalehrer*in für dein Kind bist, solltest du schon einen Blick auf die Qualifizierungen werfen. Es ist auch ok, hier nachzufragen. Das wichtigste Kriterium sollte jedoch sein, dass ihr beide – du und dein Kind – ein gutes Bauchgefühl habt. Die Ansprache ans Kind sollte authentisch sein, weder betulich noch verklärt. Und der / die Lehrer*in sollte den Spaß an der achtsamen Bewegung, an ersten Meditationen und Achtsamkeitsübungen vermitteln. Damit die Yogamatte als ein wunderbarer Ort voll des inneren Friedens kennen gelernt werden kann und die Liebe zum Yoga auch über die Kindheit hinaus hält.
Meine Kollegin Sandra Walkenhorst und ich haben in unserer Instagram-Live-Reihe „let’s talk about … Kinderyoga“ kürzlich über Kriterien für einen guten Kinderyogalehrenden gesprochen.
Schau auf meine Angebote und finde heraus, ob meine Online– und Präsenz-Kurse dich ansprechen. Ich freue mich, mit dir (Kinder-)Yoga zu praktizieren und dich ein Stück deines persönlichen Kinderyoga-Weges begleiten zu dürfen!