Kurzurlaub in Prag: Kafka, Katzen, Klöße.
Was nun folgt, ist eine gänzlich subjektive Reiseskizze unseres Familien-Aufenthaltes in Prag. Es wird weder um Yoga gehen noch um Kinder. In der Tat habe ich in den fünf Tagen Prag mit meiner Family einmal Urlaub auf allen Ebenen gemacht: kein Yoga praktiziert (ok, ich habe Rückenschmerzen kassiert. In den zwei Wochen unseres Italienurlaubs mit täglicher Morgenpraxis hatte ich keine), keine Smoothies/Säfte getrunken (auch wenn man diese in Prag bekommen kann), dafür Fleisch gegessen (großartig: Schnitzel! Gulasch! Lendenbraten!) nebst Klößen sowie Bier konsumiert. Wahrscheinlich nähert man sich der tschechischen Seele so authentischer. Und sorry, Berlin Mitte und Gesundheitsapostel: Aber nur Yoga und raw food, das wäre mir zu einseitig.
Wunderbar war unsere Unterkunft: Wir hatten uns für die Prague Holiday Apartments entschieden. Im hochherrschaftlichen Altbau des eher untouristischen Stadtteils Smichov und direkt an der Moldau gelegen, fühlten wir uns sofort wohl.
Der ein wenig abseits der herausgeputzten Innenstadt gelegene Kiez hat einfache Geschäfte und wunderbare „down to earth“ Restauraces zu bieten. Auch wenn es ein wenig gewöhnungsbedürftig ist, dass die Tschechen immer noch in Restaurants rauchen…
Das Highlight für unsere Tochter: Kocici Kavárna. Ein Café, sechs Katzen zum Streicheln.
Nur über eine der Brücken auf die andere Seite der Moldau hinüber, in die Tram gesetzt – und schon waren wir im Zentrum Prags. Dessen architektonische Schönheit verschlug uns selbst bei Dauerregen den Atem: Man fühlt sich sogleich in eine Filmkulisse versetzt. Soviel zu sehen. Ein Highlight für die ganze Familie (!) – auch wenn ich ja der Germanist bin: Das Franz Kafka-Museum. Super informativ und herrlich beklemmend wird man hier in das Leben des Schriftstellers eingeführt (mit dunklen Räumen, engen Gängen und Labyrinthen sowie einem Raum voller Aktenschränke). Angenehm auch hier, dass das Museum scheinbar nicht die Busladungen an Touristen anzieht, die sich ansonsten in der überschaubaren Innenstadt tummeln. Zugegeben: Unser Fehler. Wer in den Sommerferien nach Prag kommt, wird fast von Asiaten, Amerikanern und Europäern überrannt. Soviel Selfie-Sticks, Segways und Kutschen wird man selbst am Brandenburger Tor nicht finden.
Glücklich waren wir daher, als wir von Freunden, die ebenfalls zur gleichen Zeit in Prag waren, einen Restaurant-Tipp für die Innenstadt bekamen: Das „Lokál„ ist in jeder Hinsicht schlicht, sozialistisch-kantinenmäßig angehaucht – und nur einen Steinwurf von den Touristenströmen entfernt. Abends supervoll, kann man hier mittags entspannt neben den Pragern sitzen und für kleines Geld die hinreißende böhmische Küche kosten. Lecker: die selbstgemachte Himbeer-Limonade.
Gefallen hat uns auch das Kavárna Obecní dūm, ein atemberaubendes Art-Deco-Café, sowie die Architektur der Národní Galerie. Letzteres ist die Nationalgalerie. Hier hängen Werke von Picasso bis Jonathan Meese (yeah, was haben wir uns über die zurzeit zu sehende Werkschau „My Über-Daddys“ gefreut). Der wahre Star ist jedoch das funktionalistische Gebäude selbst.
Shopping-mäßig wurden wir hingegen ziemlich enttäuscht. Die von unserem alternativen Reiseführer im jüdischen Viertel angepriesenen kleinen, individuellen Lädchen haben wir trotz intensiver Suche nicht gefunden. Stattdessen die üblichen global player sowie tolle Antik-Geschäfte zwischen Souvenir-Läden. Eingedeckt haben wir uns allerdings bei Botanicus, einer tschechischen Naturkosmetik-Firma. Hier wird außerhalb Prags nahezu alles an Inhaltsstoffen angebaut, was in die Cremes, Shampoos, Seifen, Öle und Lebensmittel soll. Ohne chemische Produkte, ohne Tierversuche, dafür gleich mehrfach zertifiziert. Like!
Nun, keine 24 Stunden wieder zuhause, haben wir uns als erstes mit Obst und Salat eingedeckt und einen Wassermelone-Heidelbeer-Smoothie gemixt. Jedoch scheint der kulinarische Geist von Prag sich mit auf die Reise nach Berlin gemacht zu haben: Während ich diese Zeilen schreibe, kocht mein Mann einen Gulasch, nach original böhmischem Rezept. Dobrou chut‘!
